Hockenheim, 16.5.-18.5.2003

Liebe Freunde und Förderer von BOT, es ist ja kaum zu glauben, aber wir
können vielleicht die Ereignisse der letzten beiden Rennen noch toppen.
Das heißt dann nicht (für Kenner der Rennszene): BERU TOP sondern BOT TOP! ;-)

Freitag fing ja alles an als wär´s ein normaler Tag: Stau bis Hockenheim, telefonische Absprache mit Felix, mir unbedingt Kuchen übrig zu lassen - ich fühlte mich auch fit nach dieser elendigen Lebensmittelvergiftung (endgültige Diagnose!) vom Sachsenring. Am Hockenheimring waren schon die Außenposten mit netten Menschen bestückt, in unserem Teamzelt war der Empfang herzlich, Lupo und Walter (unsere Gäste aus der Schweiz) entpuppten sich als echt nette Gesellen, so vermißte ich Patrick erst gar nicht, der erst gegen Mitternacht anreiste.
Weil wir es so gemütlich hatten vertrödelte ich mich natürlich und praktizierte zum freien Training just-in-time jump-in-bike. Ringtingmämmmhmämmhämmhämm.... da war es (endlich!) wieder, dieses schrecklich schöne Geräusch! Wir kreischten durchs Fahrerlager, durch die Boxenausfahrt und auf die Strecke! Oh, was für ein herrliches Gefühl! Fahren - Turnen - SPASS!!! In (wirklich!) gemäßigtem Tempo zottelten wir los - 80° Rechtskurve, leichter Bogen anschließend, leichte Links, drinnen bleiben, Gerade, wieder etwas links - upps - was war DAS?! Ungläubig starrte ich auf den Streckenabschnitt vor mir: diese Schikane stellte den ultimativen Beweis für planerische Unfähigkeit des Streckenbauers dar! Hindurch, rechts ins Motodrom, DAS kannte ich! Anbremsen, Hintern raus, Sachskurve geschafft, Gerade, links - rechts - Opelkurve - auch dieser Eingang leicht verändert, Start-Zielgerade, erste Runde war um, Felix beschleunigte. "Donnerwetter!", dachte ich, keine Zeit zum Ausruhen, hier gab es für die Turner richtig Arbeit.
Ich ließ die Arme locker, Harry und Michael fuhren vorbei, aah, der turnt dort gar nicht raus, prima, wieder was abgeguckt. Schikane, autsch, mein Schienbein!, das würde wohl blau werden beim Anbremsen! So ging es die nächsten 25 Minuten weiter bis zur roten Ampel, wir testeten mal die echte Gasannahme des Motors, er wehrte sich ein wenig, sonst war alles okay. Fit, fröhlich und fett(bedüst) fuhren wir zurück. Ein wenig Sorge machten kleine Aussetzer. Hatte eine von den teuren Kerzen den Geist aufgegeben?
Wir läuteten den gemütlichen(in der ureigensten Bedeutung!) Teil des Abends ein, ich zottelte mit Rhea los und wir verabredeten, um 20.00 Uhr zu essen. Der wie die Fußgängerzone in Bielefeld frequentierte Wald am Hockenheimring gefiel uns so gut, dass wir uns verquatschten, wir zogen weiter zum Eingang des Fahrerlagers, so richtig vorwärts kamen wir nicht, überall wurde Rhea freudig mit Leckerchen begrüßt, ich schwatzte. Dadurch kam ich ZU SPÄT zum Essen!
Lupo hatte schon den Tisch gedeckt mit allen Finessen, Salat gemacht und Geschnetzeltes gewärmt. Es roch fantastisch! Ausgehungert fiel ich über die Töpfe her, die Menge reichte sogar für mich.
Vollgefuttert und super faul wie wir alle, begann Felix so gegen 22.00 Uhr sein Tagewerk - die Kontrolle vom Töff. Kerzen raus, Zylinder auf, reinschauen und: NEIN! Einschläge, Spuren, Zerstörung. Wir suchten und fanden: ein Lagerkäfig auf der Kurbelwelle war gebrochen, Teile des (Pleuel-)Lagers hatten sich nach oben in den Brennraum begeben und deutlich zerstörerische Spuren auf dem Kolbenboden hinterlassen. Die Kurbelwelle war so also nicht mehr zu gebrauchen, der Kolben auch nicht, wir beschlossen den Rennmotor einzusetzen für die Zeittrainings am Samstag und Felix begann mit dem Motorentausch.
Ich beendete meinen Küchendienst(ehrlich gesagt war ich stinkend faul in Hockenheim) und schaute zum Töff. Die Motoren waren getauscht, Felix zog gerade die Mutter auf dem Antriebsritzel an. Und dreh.....dreeeehen.....dreeeeeeeeheeeeeeeeen?!? Fragezeichen bildeten sich auf Felix Stirn. Naaa? "Felix, was ist?" Ganz vorsichtig tastete ich mich heran, Schrecken im Gesicht. Der erste Motor war schon hin, aber nun mein LIEBLINGSMOTOR???
"Hmm, das Getriebe?" Die Arbeit ging los. Was wir vorher oft im Scherz sagten wurde zur Realität: Wir schrauben nur nachts! Bis 2 Uhr stand ich Felix bei, dann schwächelte ich. Mein tapferer Fahrer arbeitete bis um 4.00 Uhr früh, um den Fehler zu finden und zu beheben mittels Getriebetausch, denn wir hatten eine (aus-)gebrochene Getriebewelle!
Am nächsten Morgen schliefen die Jungs aus, mir gibt eh nur ein ausgeschlafener Fahrer konzentriert genug Gas!!;-) Meine geheimsten Wünsche sollen sich schließlich erfüllen: auf jeder Strecke persönliche Bestzeit von Felix fahren! Aus diesem Ziel ergeben sich Maßnahmen, dazu gehören: Kaffee ans Bett, lange schlafen, gut essen, den Rest verrate ich wegen des daraus erzielten Wettbewerbsvorteils nicht!
Das erste Zeittraining lief etwas fett mit leichten Aussetzern, die Reifen hatten ihre besten Tage auch schon hinter sich. Platz 16. In der Zeitnahme wurden wir von meiner begeisterten Freundin Sonja unterstützt, die Patrick zur Hand ging.
Zum Mittag schlemmten wir vom Grill, zogen neue Reifen auf und freuten uns auf das zweite Training: dicke schwarze Wolken zogen von Westen zur Strecke  - bedrohlich. Wir schenkten diesem Naturschauspiel zu wenig Beachtung, denn nachdem wir uns und die Reifen eingefahren hatten, gerade die Vollgasannahme beim LIEBLINGSMotor testen wollten, klatschten dicke Tropfen auf unsere Visiere! Freiwilliger Abbruch. 200 PS auf Slicks im Regen, das ist die direkte Fahrkarte ins Krankenhaus!
Zeitverbesserung um nur 7/10 sec - wir hatten wieder unseren 17. Startplatz - der "Saukerl" macht das doch absichtlich ?!?
An diesem Samstag fing Felix erfolgreich schon rechtzeitig vor dem Abendessen mit der Töff-Prüfung an. Es gab keine weiteren dramatischen Überraschungen und wir hatten genug Muße, um im Bus noch ausgiebig bis lange nach Mitternacht mit Mike zu schwatzen. Wir schliefen wie die Murmeltiere - hatte mein Körper die Adrenalinproduktion eingestellt?
Der Sonntagmorgen machte Geräusche zum Davonlaufen: dicker schwerer Regen trommelte auf unser Dach. Aufstehen, Regenreifen drauf und ab zum Warm-Up! Aber nicht mit Felix.
"Ich muß noch meine Regenkombi anziehen!"
"Felix, bitte, es geht gleich los und wir haben nur 15 Minuten!"
Mit großen Kulleraugen zu mir:
"Ich muß noch die Knöpfe zumachen an den Beinen. Sieh mal, wie schwierig das ist!"
"Felix, die Knöpfe sind beim fahren nicht wichtig, komm schon!"
Er wand und drehte sich wie ein Aal an der Angel. Felix sträubte sich mit allem was ihm zur Verfügung stand - sonst ist er doch auch gegen Sport??? Er bekam kein Pardon.
Rein ins Töff und ab die Post! Die erste Runde hatten wir schon verpaßt, seine Taktik ging beinahe auf, damit er nicht im Regen fahren mußte! Mir machte es Spaß. Das Wasser lief in meine Stiefel, der Regen peitschte aufs Visier, die Handschuhe durchweichten und ich GRINSTE! Runde für Runde wurde Felix lockerer und ich probierte das Anti-Turnen aus. In Linkskurven rechts bleiben, in Rechtskurven hinter(!) das Töff hängen, ich hatte Spaß in den Backen(in allen!) und freute mich meines Jobs. Bei Rot schlug ich Felix begeistert ins Kreuz, toll - das hat Spaß gemacht!


Der weitere Tag verging mit aufregendem Besuch - Manfred kam mit Margret auf einem Paris-Dakkar erprobten Enduro-Gespann angebraust, was teilweise eine Menschentraube um sich scharte. Als bewährter Isle-of-Man TT-Reporter sorgte er später auch bei uns für tolle Stimmungsfotos!


Zwei Stunden vor dem Rennen ging es wieder los. Der Adrenalinspiegel stieg und stieg. Felix saß etwas blaß um die Nase im Klappstuhl und vermeldete ganz unglücklich heftige Aufregung. Mir ging es diesmal relativ gut, traute ich mir doch wieder eine Renndistanz zu ganz ohne Vorbehalt! Was für ein Unterschied zu den ersten beiden Rennen! Ich ging meinen üblichen Vorbereitungen nach: dösen, duschen, dehnen. Ob ich verdöste, verduschte oder verdehnte, ich produzierte wieder just-in-time jump-in-bike!
Am Vorstart ging es gleich auf die Besichtigungsrunde, die Vorstellung der Teams dauerte eine (empfundene) Ewigkeit, ich wollte los! Die rote Flagge schwang herunter von Startreihe zu Startreihe und mir kam es vor wie ein echter Start! Zwei Aufwärmrunden standen an, weil die Strecke unter 3 km lang ist. Endlich.
Startposition, alle Turner liegen auf dem Hinterrrad. Ich nicht. Die Ampel geht an, aus und LOS! Felix produzierte schwarze Streifen auf dem Asphalt, diesmal ging ich genau zum richtigen Zeitpunkt aufs Hinterrad und wir hatten einen echten Katapultstart!
7 !!!!!!! Plätze machten wir gut beim Start, das gab Felix Auftrieb, er hielt rein in die Rechts! Mitten im Pulk drückten wir uns durch die Rechts, kurze Gerade, draufhalten, wieder rechts, wir blieben dran an der Spitzengruppe und richteten uns auf eine gutes Rennen ein.

Unsere Kurveneingangsgeschwindigkeit wuchs beinahe dramatisch an, leider nicht mehr freiwillig und gewollt! Felix trat auf die Bremse, warum verzögerten wir nicht??? Mir war komisch, egal, die anderen da vorne bremsen doch auch nicht, Felix - weiter - durch! Er pumpte wieder, Wirkung: GLEICH NULL! Rein ins Motodrom, durch die Sachs, in großem Bogen in die Opel - und raus in die Boxengasse anstatt auf die Start-Ziel! Unglücklicherweise versuchte Thomas genau in dem Moment zu überholen. Da ohne Bremse das halten einer sauberen Linie schwierig ist, kam es zum Crash wobei er sich die Verkleidung an userem Hinterrad eindrückte. Davon erfuhren wir aber erst als das Rennen bereits vorbei war.
Ich war traurig, enttäuscht und überrascht. Was war los?
Felix fuhr an Patrick vorbei ganz nach vorn in der Boxengasse, ich haute auf die Verkleidung, HALT, da ist Patrick, nicht da vorne! Felix rief mir in Gedanken zu: hey, es geht gleich weiter! HÄ??? Felix sprang aus der Verkleidung, rannte um unsere Nase herum (beinahe noch rein) und griff mit der Hand in das Lüftungsloch der Bremse. ??? Er rannte zurück - oh - es ging weiter - die zwei vom Kawasaki-Team brüllte ich an: anschieben, ANSCHIEBEN! Ich lehnte schon am Schacht und eine Schrecksekunde später wurden wir kraftvoll angeschoben. Wir hatten verloren. Aber wieviel? Felix zog durch. Kein Seitenwagen in Sicht - weder vor noch hinter uns - ich war mir sicher: ER würde am Hahn ziehen bis irgendwer vor uns in Sichtweite kam. Und ab gings!
Felix zog durch, bremste jedoch noch zaghaft - kühlte unsere Bremse schon ab und bremst es wirklich wieder ? Da vorn, ja, ein Seitenwagen! Wer war das? Egal, wir verringerten den Abstand, wir kamen näher, wir waren dran, wir gingen vorbei!
Eine wilde Aufholjagd begann, die unglaublich viel Spaß machte! Felix zog und zog - jetzt hatten wir eine Gruppe, durch, da, Thomas. Wir zogen uns ran, Felix war vorsichtig und blieb dahinter, hey Felix, wir sind viel schneller, los, überhol doch! und schon waren wir vorbei.


Zeigte Patrick PUSH auf der Boxentafel? Ich hatte keine Ahnung, aber es fühlte sich so verdammt gut an! Wir schossen ins Motodrom, ein letztes Mal durch die Sachs, auf die Start-Ziel und SCHWARZ WEIß KARIERT! Die ersehnte Flagge!
Völlig glücklich versuchte ich wieder bei Felix schlagend den Rückenprotektor zu besiegen - was für ein Rennen! Mehr ging nicht. Dieses Gefühl werden wir konservieren müssen die nächsten 4 Wochen!
Das Grinsen wurde noch gestärkt, als ich vom Sieg Centner/Helbig erfuhr. Die hatten es nun wirklich verdient. Alles in allem ein Wochenende, das unglaublich viel Lust auf mehr macht.
Bilanz Hockenheim: Platz 13 mit 1 Boxenstopp, 1 Crash, 1 Motorschaden, 1 Getriebeschaden und tierisch Fahrspaß!

Wir sehen uns in Most!


Plampine und Sidecardog :-)

PS Wir unterboten Felix Bestzeit immerhin um 55 Tausendstel... = SIEG!!! ;-))

An dieser Stelle auch einmal ein herzliches Dankeschön an all die fleissigen Helfer, die sich immer toll um uns kümmern.

Resultate